Casinogesellschaft Manderscheid
Eine Zeiterscheinung
Die Casinogesellschaft Manderscheid wurde am 29. Mai 1880 gegründet. Zweck der Gesellschaft war laut Paragraph 1 der Satzung die „Pflege der Geselligkeit und angenehmen Unterhaltung“. Gründungsmitglieder waren Oberförster Karl Beck, Dr. Brockmann, Bürgermeister Heinrich Josef Thielen, Ortsvorsteher Matthias Engel, Katasterkontrolleur Friedrich Bottler, Müller Nikolaus Pütz von der Neumühle, Apotheker Philipp Leisen, Kaufmann und Buchbinder Franz von Recklinghausen und Steuereinnehmer Simon Corde.
Man traf sich Dienstags- und Samstagsabend im Casinolokal, das in den Jahresversammlungen jährlich neu festgelegt wurde. Die Herren wechselten zwischen den Gasthöfen Zens, Hubert Heid, Fischer, Müllejans und Pantenburg.
In der Jahresversammlung 1884 wurden Dr. Riffart, Postverwalter Kaspar Floß und die Lederfabrikanten Josef Simon und Peter Pantenburg in die Gesellschaft aufgenommen. Ab 1885 war Wilhelm Blissenbach Kassierer.
1887 gehörten der Gesellschaft an: Oberförster Beck, Redant Blissenbach, Distriktsarzt Dr. Breitkopf, Steuereinnehmer Corde, Ortsvorsteher Engel, Postverwalter Floß, Lehrer Johnen, Apotheker Leisen, Maler Friedrich August de Leuw, Notar Maubach, Kaufmann und Gastwirt Müllejans, Lederfabikant Pantenburg, die Mühlenbesitzer Johann und Nikolaus Pütz, Kaufmann von Recklinghausen, die Lederfabrikanten Josef und Matthias Simon, Bürgermeister Thielen und Pastor Zöllner.
1889 trat der Notar Maximilian Franzen der Gesellschaft bei.
1891 wurde Kaspar Floß Präsident der Manderscheider Casinogesellschaft. Am Ende des Jahres wurde Ortsvorsteher Matthias Engel im Gasthof Zens verabschiedet. Er zog nach Wittlich. Engel war vermutlich der letzte Tuchmacher in Manderscheid.
1898 boten die Gasthöfe Hubert Heid, Fischer, Müllejans und Zens ihre Räumlichkeiten als Tagungslokal für die Gesellschaft an.
Als neue Mitglieder traten Alfred und Fritz de Leuw, Bernard Müllejans, Peter Rauhoff, Johann und Nikolaus Stadtfeld, Amtsbürgermeister Peter Josef Müller und Notar Harraeus der Gesellschaft bei. Der ehemalige Amtsbürgermeister Heinrich Josef Thielen wurde zum Ehrenmitglied ernannt. Im Januar 1898 traten Dr. Breitkopf und der Apotheker Leisen aus der Casinogesellschaft aus. Sieben Tage später beantragten sie wieder ihren Wiedereintritt. Was da wohl los war? Dr. Breitkopf trat im Oktober 1898 endgültig aus. Beim Kaufmann von Recklinghausen wurden die Zeitschriften „Meggendorfers humoristische Blätter“, eine illustrierte Satirezeitschrift und „Kladderadatsch“, eine politisch satirische Zeitschrift, für die Gesellschaftsabende abonniert. Später bestellte man auch noch die illustrierte Zeitschrift „Vom Fels zum Meer“.
Die Casinogesellschaft feierte von nun an am 27. Januar den Geburtstag Kaiser Wilhelms, in diesem Jahr im Gasthof Fischer.
Im Mai 1899 traf man sich erstmals bei Kaffee und Kuchen auf der Heidsmühle. Zur Jahrhundertwende trafen sich die Mitglieder der Gesellschaft mit ihren Damen am 1. Januar 1900 zu einem Abendessen im Hotel Zens. Das Essen wurde aus der Kasse bezahlt, nur die Getränke waren nicht frei.
Im Jahre 1900 traten der Maschinenfabrikant Christoph Reuter und der neue Apotheker Wilhelm Hartmann in die Gesellschaft ein. Ein Jahr später folgten der neue Manderscheider Arzt Dr. Cornelius Trimborn, Amtsbürgermeister Dr. Bernhard Steinbach und der Lehrer Peter Hauprich.
Am 20. Januar 1901 fand ein Abschiedstrunk für Bürgermeister Josef Müller statt. Die Musikkapelle Stölben spielte am Rosenmontag im Saale Müllejans zum Tanz auf. Sie war sozusagen die Hauskapelle der Casinogesellschaft. Die Stölbens spielten zu allen möglichen Anlässen, und stets an der jährlichen Geburtstagsfeier für Kaiser Wilhelm. 1901 lieferte der Bierverleger Matthias Krischel zum ersten Mal Bier und Mineralwasser an die Gesellschaft.
1902 feierte man auf der Niederburg ein Sommerfest und im November traf man sich zu einem Hubertusessen im Hotel Hubert Heid, wo auch die Silvesterfeier stattfand.
1903 musste man das bereits geplante Tanzvergnügen am Fastnachtsmontag im Hotel Fischer-Heid wegen Erkrankung mehrerer Gesellschaftsmitglieder absagen. In diesem Jahr wurde der neue Apotheker Leo Bönner Mitglied. Für seinen Vorgänger organisierte man im September eine Abschiedsfeier im Hotel Zens. An diesem Abend wurden 32 Liter Münchener Bier getrunken. Man ließ es sich halt gut gehen. Einen Monat später wurde auch Notar Harraeus verabschiedet, er zog nach Ottweiler
1904 wurde des Kaisers Geburtstag feierlich im Hotel Fischer-Heid begangen.
Das Silvestermenue im Jahre 1905 wurde im Zens eingenommen. Ein wahres Festessen!
1906 feierte man am Kirmesdienstag im Gasthaus Steffens in Niedermanderscheid.
In der Versammlung im Januar 1911 würdigte Dechant Zöllner den langjährigen Vorsitzenden der Casinogesellschaft Friedrich Bottler, der im vergangenen Jahr verstorben war. Zum neuen Vorsitzenden wählte die Versammlung Sanitätsrat Dr. Cornelius Trimborn. Neu in der Casinogesellschaft waren Oberförster Max Flos, Apotheker Wilhelm von Recklinghausen und Philipp Krämer. Zu Kaisers Geburtstag spielte die Manderscheider Musikkapelle auf. Am 25. November 1911 heirate der Hotelier Hubert Zens die Manderscheiderin Maria Reuter. Die Casinogesellschaft schenkte dem Brautpaar einen Aneroidbarometer.
1912 feiert man den kaiserlichen Geburtstag im Hotel Müllejans. Anstelle der Leipziger Zeitung wurden von nun an die Münchener Fliegenden Blätter, eine humoristische, reich illustrierte Wochenschrift, im Vereinslokal ausgelegt. Auf der Hauptversammlung wurde der Vorstand „per acclamationem“ wiedergewählt. Bürgermeister Dr. Steinbach lehnte jedoch ab. Sein Nachfolger im Vorstand wurde Kaspar Floß.
Im Januar 1913 berichtete Dr. Trimborn in einem Lichtbildervortrag über seine Reise nach Sizilien. Im Juli fand der Abschiedstrunk für Bürgermeister Dr. Steinbach. Außer Kaspar Floß und Wilhelm von Recklinghausen, die auf Reisen waren, waren alle Casinomitglieder erschienen. Für den scheidenden Bürgermeister wurde sein Nachfolger Dr. Paul Meyers in die Gesellschaft aufgenommen. Den Silvesterabend verbrachte man mit den Damen bei Ananasbowle im Hotel Zens.
Im Februar 1914 wurde zur Inauguration des Karnevals eingeladen. Dabei zeigte Alfred de Leuw Bilder von seinen Reisen durch Schottland.
Während des ersten Weltkriegs gab es keine Aktivitäten der Casinogesellschaft. Erst im Oktober 1919 fand wieder eine Hauptversammlung im Geschäftszimmer des Bürgermeisters statt. Zum neuen Tagungslokal wurde das Hotel Hemmerling ausgewählt.
Im Juli 1920 wurde Oberförster Max Flos mit einer Pfirsichbowle verabschiedet.
Hier enden die Unterlagen und wahrscheinlich auch die Aktivitäten der Casinogesellschaft Manderscheid. 40 Jahre prägten die prominenten Herren das gesellschaftliche und kulturelle Leben im Ort. Die meisten Einwohner hielten sicherlich eine gewisse Distanz zu diesem elitären Kreis.
Neben der Casinogesellschaft gab es in Manderscheid ein sogenanntes Bürgercasino. Man tagte im Hotel Fischer und konnte sich bei Bedarf täglich dort treffen. Zweck des Bürgercasinos war, ähnlich wie bei der Casinogesellschaft, geselliges Zusammensein, was auch immer das bedeutete. Außerdem sollte durch Vorträge über soziale und wissenschaftliche Themen der Geist gefördert werden.
Vorsitzender war Johann Gerhards und Nikolaus Bollonia führte die Kasse. Siebzehn weitere Mitglieder gehörten dem Verein an.