Die Luzia-Kapelle in Manderscheid
Die Luzia-Kapelle wurde von Wilhelm VII. von Manderscheid vermutlich als Grabeskirche für seine Frau Luzia von Neuenahr, die im Jahre 1336 gestorben war, außerhalb des Ortes erbaut. Der Himmeroder Mönch Nicolaus Heesius erwähnt sie in seinem im Jahre 1641 geschriebenen Manipulus Hemmerodensis: "Domina aute Lucia mortua est et sepulta in capella S. Luciae foras oppidum Manderscheit", „Die Herrin Lucia ist gestorben und wurde in der Kapelle St. Lucia außerhalb der Stadt Manderscheid beerdigt“.
Die Ferrariskarte aus dem Jahre 1777 zeigt den Standort, sie stand an der heutigen Kreuzung der Straßen an Luziakirch / In den Wiesen.
Die Ferrariskarten sind topografische Karten der österreichischen Niederlande und des Fürstbistums Lüttich, das der österreichische Generalleutnant Graf von Ferraris im Auftrag von Maria Theresia und Kaiser Franz II. in den Jahren 1771 bis 1777 erstellte. Entsprechend der militärischen Zielsetzung wurde neben den Siedlungen besonderer Wert auf die Darstellung der Verkehrswege gelegt. Ferner sind wichtige Gebäude dargestellt, wie Schlösser, Klöster, Kirchen, Kapellen und wirtschaftliche Infrastrukturen wie Kanäle, Mühlen oder Eisenhütten. Im Kartenausschnitt 274 ist Manderscheid zu sehen. Außerhalb des Ortes ist die Luzia-Kapelle (Chapelle St. Lucie) und ein Gerichtskreuz eingezeichnet.
Auch in der Tranchot-Karte, die zwischen 1801 und 1814 auf persönlichen Befehl Napoleons unter dem Kommando des Oberst Jean Joseph Tranchot topographisch aufgenommen worden war, ist die Kapelle noch eingetragen.
Die Luzia-Kapelle war wahrscheinlich im gotischen Stil erbaut und muss eine gewisse Bedeutung besessen haben, denn die Manderscheider Pfarrchronik berichtet von drei Altären. Es wurde dort eine gestiftete Wochenmesse gehalten und zusätzlich an den Festtagen der Heiligen Luzia, Josef und Maria Magdalena. An Ostermontag zog die Pfarrei von der Pfarrkirche nach Luziakirch, wo nach einer Messe Ostereier verteilt wurden.
Am 6. Oktober 1794 hatten französische Revolutionstruppen ihr Lager auf den Wiesen um die Luzia-Kapelle aufgeschlagen. 4000 Soldaten sollen es gewesen sein. Der ganze Ort wurde geplündert. Vieh, Esswaren und Kleidung wurden geraubt. Die Bevölkerung musste die Fourage für Soldaten und Pferde aufbringen. Die bereits eingebrachte Ernte wurde konfisziert. Einquartierungen und weitere Geldforderungen folgten. Die Luzia-Kapelle wurde entweiht, die Altäre, Bilder und Möbel zertrümmert und verbrannt. Anscheinend blieb nur eine Ruine stehen, denn die Schulchronik erwähnt, dass die Kapelle wahrscheinlich erst im Jahre 1805 abgerissen wurde. Johann Adam Stölben und Nikolaus Mathy hatten das alte Gebälk ersteigert. Der Schreiner Nikolaus Mathy brachte eine steinerne Pieta, die von den Soldaten weitgehend verschont geblieben war, zur Winterzeit mit einem Schlitten in die Pfarrkirche St. Hubertus.
Die spätgotische Darstellung der schmerzhaften Muttergottes stammt aus der Zeit um 1600. In den 1960er Jahren ließ Pfarrer Anton Peter Maria Didas die Pieta restaurieren. Die Experten konnten noch Brandspuren sowie Beschädigungen, die wahrscheinlich durch Gewehrkolben entstanden waren, nachweisen. Die beeindruckende Pieta steht heute in ihrer ursprünglichen Fassung in der Lebensbaumkirche.
Heute erinnert nur noch ein Straßenname und ein Gedenkkreuz, das von den "Wegelagerern" 2017 aufgestellt wurde, an die ehemalige Luzia-Kapelle in Manderscheid.
An verschiedenen Stellen steht geschrieben, dass die Luzia-Kapelle die erste Kirche in Manderscheid war. Dies trifft definitiv nicht zu, die Pfarrkirche St. Hubertus wurde schon früher erwähnt.