Die Manderscheider Glocke von 1746
Man schrieb das Jahr 1746. Das kleine Städtchen Manderscheid war durch Krieg und Brand völlig verarmt. Aus diesem Grunde genehmigte der damalige Landesherr, Kurfürst und Erzbischof Franz Georg von Schönborn, der Stadt den Abhieb von 500 Klafter Holz aus dem kurfürstlichen Wald, um mit dem Erlös den Aufbau der Stadt zu unterstützen. In einem Schreiben vom 5. August 1746 bedankte man sich beim Landesherrn und hatte gleichzeitig noch eine Bitte. Die Manderscheider hatten irrtümlich 100 Klafter Holz zu viel abgehauen und man bat den Kurfürsten nun darum, dass man den Erlös aus dem zu viel gehauenen Holz „in honorem Dei“, zu Ehren Gottes, verwenden dürfe. Man wolle von dem Geld eine neue Glocke für die Kirche gießen lassen. Der Landesherr stimmte dem Wunsch der Manderscheider zu. Man ließ daraufhin eine neue Glocke mit folgender Inschrift gießen:
„S. Josephe, S. Donate, S. Agatha orate pro nobis in Manderscheid 1746”
Im Manderscheider Kirchenturm hingen nun drei Glocken, zwei aus dem Jahre 1721 und die neue von 1746. Sie blieben fast 200 Jahre dort oben hängen, bis man an anderer Stelle den irrsinnigen Plan fasste, aus Glocken Waffen zu machen. So mussten im Jahre 1942 die große Glocke von 1721 und die kleine Glocke von 1746 zu Kriegszwecken abgegeben werden. Die beiden Manderscheider Glocken wurden aber nicht zu Kanonenkugeln eingeschmolzen. Sie landeten nach dem Kriege in der sowjetischen Besatzungszone.
Am 4. Oktober 1949 erhielt Dechant Josef Raskop von der Schiffartspedition Cretschmar in Düsseldorf die Nachricht, dass die Glocken nun in Hamburg auf dem Glockenfriedhof liegen würden und die Transportkosten für die beiden Glocken nach Manderscheid 100 DM betragen würden. Da die Gemeinde diesen Betrag aber nicht aufbringen konnte, wurden sie von dem Bierverleger Jakob Krischel aus Manderscheid mit seinem Lastwagen umsonst zurückgeholt. Die Glocken waren wieder “zu Hause“, aber die kleinere Glocke aus dem Jahre 1746 war beschädigt und nicht mehr brauchbar. Sie wurde zwar wieder im Glockenturm aufgehangen, blieb aber stumm.
Im Jahre 1967 wurde von Pfarrer Didas für die neu erbaute Lebensbaumkirche eine neue Glocke bei der Glockengießerei Mark in Brockscheid in Auftrag gegeben. Die gesprungene Glocke von 1746 wurde von August Mark übernommen und auf den Kaufpreis der neuen Glocke angerechnet. Herr Mark ließ die alte Glocke aber nicht einschmelzen, sondern ließ sie aufwendig reparieren und fügte sie dann seiner privaten Sammlung alter Glocken bei. Die Glocke geriet in Manderscheid in Vergessenheit.
45 Jahre später fanden Mitglieder des Fördervereins Heimatmuseum Manderscheid „unsere“ Glocke wieder. Sie hing, repariert und wieder sauber klingend, immer noch im Keller der Glockengießerei in Brockscheid. Durch großzügige Spenden konnte die Glocke im Frühjahr 2014 wieder zurückgekauft werden und hängt nun im Heimatmuseum.