Kaiser Wilhelm in Manderscheid
Am 20. Oktober 1906 war ein Ehrentag für die Gemeinde Manderscheid. Kaiser Wilhelm II. weilte zum ersten Mal in dem Eifelörtchen. Man hoffte, dass der Kaiser länger verweilen und die Burgen besichtigen würde. Deshalb waren nicht nur die Häuser an der Provinzialstraße Daun-Wittlich mit Fahnen und Tannen festlich geschmückt, sondern auch die Ortsstraße bis zum Ortsende nach Niedermanderscheid. Auch das dortige Pfädchen zum Jackenhäuschen hatte man neu besandet und mit Fähnchen in den Landesfarben geschmückt. Das Tempelchen selbst war mit Teppichen ausgelegt worden und auf seiner Spitze wehte ein Wimpel in den Manderscheider Stadtfarben. Unterhalb von Belvedere hatten Böllerschützen Aufstellung genommen, um dem Landesherrn einen Willkommensgruß zu bringen. Ob aber der Kaiser die Hoffnungen erfüllen würde, wusste keiner.
Von Euskirchen über Daun und Bleckhausen kommend traf die Wagenkolonne nachmittags um halb drei Uhr in Manderscheid ein. Im ersten Automobil, das mit der kaiserlichen Standarte ausgestattet war, saß der Kaiser in der Uniform des Leibhusarenregiments mit Clemens August Freiherr von Schorlemer-Lieser. In den anderen vier Automobilen hatten Prinz August Wilhelm und das restliche Gefolge Platz genommen. Groß und Klein hatte sich an der Provinzialstraße eingefunden. Am Ceresdenkmal hatten sich alle Schüler aus der Grafschaft und den Gemeinden Manderscheid, Bettenfeld und Meerfeld mit ihren Lehrern aufgestellt. Daneben die Kriegervereine aus Manderscheid, Bettenfeld und Eckfeld mit ihren Fahnen. Der Turnverein baute seine berühmte Menschenpyramide auf. An ihrer Spitze Karl Pantenburg als Fahnenträger. Die Honoratioren des Ortes hatten sich ebenfalls am Ceresplatz eingefunden. Die Hochrufe der Bevölkerung wurden vom Kaiser mit freundlichem Zuwinken erwidert. Nun musste sich entscheiden, ob man den unteren Ort nicht umsonst geschmückt hatte. Ein Jugendlicher hob ein Schild mit dem Hinweis „Zu den Burgen“ in die Höhe. Und siehe da, die kaiserliche Wagenkolonne bog ab in Richtung Unterdorf und Burgen. Die jubelnden Menschen waren außer sich und schon hörte man das Läuten der Kirchenglocken und die Böllerschüsse von Belvedere. Nach dem Besuch des Tempelchens klopfte der Kaiser dem Oberpräsidenten auf die Schulter und meinte: „Doch wunderschön hier, ich danke ihnen, dass sie mich hierhergeführt haben“.
Nach einer Viertelstunde war alles vorbei. Die Autos fuhren wieder durch den Ort zurück und über Eisenschmitt, Himmerod, Großlittgen und Wittlich ging es weiter bis nach Lieser.
Wenige Jahre später wurde das Jackenhäuschen in Erinnerung an den hohen Besuch in Kaisertempelchen umbenannt und wenige Meter davor der Kaisergedächtnisplatz mit einer an den Besuch des Kaisers erinnernden Bronzetafel eingerichtet.