Zwei Manderscheider in Napoleons "Grande Armée"

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist Napoleon Bonaparte der mächtigste Herrscher Europas. Seit 1802 herrscht in Europa ein Frieden von seinen Gnaden, dem sich allein England widersetzt. Napoleon versucht, den Erzfeind mit einer Handelsblockade in die Knie zu zwingen. 1810 wird Zar Alexander jedoch durch wirtschaftliche Probleme gezwungen, nicht mehr an der Kontinentalsperre gegen Großbritannien teilzunehmen und öffnet seine Häfen für britische Schiffe.
Daraufhin beginnt Napoleon seine Armee aufzurüsten. Binnen Monaten stellt er eine riesige Streitmacht zusammen, darunter neben Franzosen auch Italiener, Schweizer, Spanier, Polen und über 100.000 Deutsche aus den Fürstentümern des Rheinbundes. An der Spitze seiner 600.000 Mann starken Grande Armée überschreitet Napoleon am 24. Juni 1812 an der Memel die polnisch-russische Grenze. Er siegt in Smolensk und Borodino, doch das russische Heer weicht Entscheidungsschlachten immer wieder aus und hinterlässt den französischen Soldaten nur verbrannten Boden, sodass diese sich nicht mehr ernähren können. Viele Soldaten verhungern oder erkranken an der Ruhr. Ebenso viele werden fahnenflüchtig und fliehen.

Am 14. September 1812 kann Napoleon Moskau ohne Widerstand einnehmen. Die russischen Soldaten hatten die Stadt jedoch angezündet, bevor sie sie geräumt hatten. Zar Alexander führt den Krieg weiter und schlägt alle Friedensangebote Napoleons aus. Aufgrund von Nachschubschwierigkeiten und dem harten russischen Winter ist Napoleon gezwungen sich zurückzuziehen. Frustriert gibt er am 19. Oktober 1812 den Befehl zum Rückzug. Zehntausende kommen dabei ums Leben. Beim Übergang über die Beresina löst sich die Armee vollständig auf, da 275000 Soldaten an Hunger, Kälte oder Krankheit sterben. Napoleons Invasion in Russland haben von den ursprünglich 600.000 Soldaten schätzungsweise nur 100.000 überlebt.
Doch was hat diese Geschichte mit Manderscheid zu tun? In der Schulchronik hat Lehrer Peter Hauprich einen Brief aus dem Jahre 1812 aufgehoben, geschrieben von den Manderscheidern Peter Heid und Egidius Pantenburg. Die Beiden gehörten zur Grande Armée. Sie waren Soldaten im 56e régiment d'infanterie de ligne, 4e bataillon, 3e compagnie.
Peter Heid wurde am 8. Oktober 1791 als fünftes Kind des Landwirts Johann Heid und seiner Ehefrau Maria Catharina Filtz in Manderscheid geboren.
Egidius Pantenburg wurde zwei Monate später am 9. Dezember 1791 geboren. Seine Eltern waren der Landwirt Johann Matthias Pantenburg und Anna Maria Roderman aus Gransdorf.
Der Brief wurde am 18. Januar 1812 im holländischen Amersfoort, kurz vor dem Marsch in Richtung Berlin, abgeschickt. Adressiert war er an Martin Heid, den damaligen Bürgermeister.

á Monsieur
Mr. Maire Heid
Departement de la Sarre - Arrondissement Prüm
á Manderscheid

Herz Liebste Eltern!
Euren letzten Brief haben wir in Amsterdam in Holland richtig erhalten und daraus mit Freuden erlesen, daß ihr noch recht frisch und Gesund waret wie wir Gottlob noch sind.
Wir hoffen nochmals daß dieses winzige Schreiben Euch bey guter Gesundheit antreffen wird. Wir liegen jetz hier in Amesfort in den Kassernen, wo wir es nicht vom besten haben dan es ist zimmlich kalt und wan es hell weder ist, dan müßen wir noch exerciren.
Neues wissen wir nicht viel zu schreiben als das der Keiser bey uns war.

Als daß wir 7 tag in Feinn bey dem Steisen. Unseren letzten brief den wir geschrieben haben, den haben wir in Amsterdam in Holland mit Freiden erhalten.
Welches wir jetzt 34 Dach auf der Marsch bin gewesen, welches wir viel gut Dage und und auch viel schleichten Dach; wen wir 2 schleich Dage hat und hat noch einen guten, so vergist man 2 schleichten. Wir sein jetzt na zu Haus gewesen; wir könten doch kein urlaub bekommen; wir seind jetzt bey Sant Hubert durch marschiert und durch Lek und durch Mastrich. Hie mit endige ich mein schreiben und verbleibe eier getryer Son bis in den Todt.
Peter Heid Egidius Pantenburg

Liebte Eltern
Ich griese eich Vater und Mutter, Brüder und Schwester und mein Schwaer und alle Meine Kammeraten und aller die nach uns Fraen
Peter Heid Egidius Pantenburg
Amesfort, den 18ten Jenner 1812
Ich Griesse Eich
Peter Heid und Egidius Pantenburg kehrten nicht mehr nach Hause zurück.